Der Verlust des Führerscheins ist nicht immer auf Alkohol-, Drogenkonsum oder Raserei zurückzuführen. Durch einen Unfall oder eine Erkrankung können ebenfalls Umstände eintreten, die eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung darstellen und das Führen eines Fahrzeugs unmöglich machen. Um die Fahrtüchtigkeit nachzuweisen, ist eine einfache Fahrprobe nicht ausreichend, so eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (Aktenzeichen 1 A 289/14 vom 1. Oktober 2014). Da die Mitarbeiter medizinisch nicht ausgebildet sind, um den Gesundheitszustand einer Person zu beurteilen, ordnen sie in solchen Fällen regelmäßig ein ärztliches Gutachten an. Das Gutachten soll die geistige und körperliche Fahreignung bescheinigen.
Wann ordnen die Behörden ein medizinisches Gutachten an?
Bei manchen medizinischen Indikationen kann es passieren, dass die Behörden ein medizinisches Gutachten anfordern, um die Fahreignung nachzuweisen. Darüber werden die Kraftfahrer gegebenenfalls schriftlich informiert. In dieser schriftlichen Aufforderung sind außerdem auch die Gründe enthalten, warum es Zweifel an der Fahrtauglichkeit gibt. Aus folgenden Gründen kann es erforderlich werden, ein ärztliches Gutachten vorzulegen:
- Drogenmissbrauch
- Alkoholmissbrauche
- Medikamentenmissbrauch
- körperliche Beeinträchtigungen
- neurologisch-psychische Mangelerscheinungen
- beeinträchtigtes Hör- oder Sehvermögen
- Gleichgewichtsstörungen
- psychische Störungen
- hoher Grad an Tagesschläfrigkeit (Sekundenschlaf)
Bei den Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen kann es sich um Herz- und Gefäßerkrankungen, Nierenerkrankungen, schwere Lungen- und Bronchialerkrankungen, orthopädische Erkrankungen, Epilepsie, Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Diabetes oder Depressionen handeln.
Wer darf ein solches Gutachten zur Fahreignung erstellen?
Für die Ausstellung eines solchen Gutachtens ist nicht der Hausarzt zuständig. In dem behördlichen Schreiben gibt es in der Regel Vorgaben, wer das Gutachten für die Fahreignung erstellen darf. Üblicherweise sind das Ärzte, die bei bestimmten Institutionen arbeiten, wie beispielsweise
- das Gesundheitsamt
- die Begutachtungsstelle für Fahreignung (BfF)
- rechts- oder verkehrsmedizinische Fachärzte
- die Betriebsärzte.
Letztendlich trifft der Kraftfahrer die Entscheidung, wer die verkehrsmedizinische Begutachtung durchführen darf. Die entsprechende Entscheidung muss der Führerscheinstelle mitgeteilt werden. In der Regel nimmt diese im Vorfeld Kontakt mit dem Gutachter auf, und klärt alle Fragen, die sich bezüglich der Überprüfung der Fahreignung ergeben.
Diese Untersuchungen kann der Arzt durchführen
Direkt vorweg geschoben sei dieser Hinweis: Ein ärztliches Gutachten zur Fahreignung ist wesentlich weniger umfangreich als eine MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung). Dabei geht es in erster Linie darum, die Gesundheit des Fahrers zu überprüfen. Es kommt also vor allem dann zum Einsatz, wenn Erkrankungen vorliegen, die den Fahrer beim Autofahren beeinträchtigen können. Im Vordergrund steht die Sicherheit im Straßenverkehr, zum einen für den Fahrer selbst, aber auch für die anderen Verkehrsteilnehmer.
Dabei sind folgende Tests und Untersuchungen möglich:
- allgemeiner Gesundheitszustand
- Überprüfung der Sinnesorgane
- Überprüfung des zentralen Nervensystems
- Untersuchung der Sinnesorgane
- Test der Reaktionszeit
- Test zur Belastbarkeit, sogenannte Stresstests
- Untersuchung der psychischen Verfassung
- Check-up, ob Stütz- und Bewegungsapparat des Körpers noch einwandfrei funktionieren
- Laboruntersuchungen
Sobald das ärztliche Gutachten erstellt ist, hat der Proband ein Recht auf Einsichtnahme (gemäß § 11 Fahrerlaubnis-Verordnung [FeV] Satz 6).
Wenn gesundheitliche Probleme bestehen, ist der Arzt der richtige Ansprechpartner, um den Führerschein wiederzuerlangen. Je nach Problematik gibt es Kurse oder Programme, die es doch noch möglich machen, ein Kraftfahrzeug zu führen.
Das ärztliche Gutachten bei Alkohol oder Drogen am Steuer
Alkohol, Drogen oder auch der Konsum von Arzneimitteln können Zweifel an der Fahreignung aufkommen lassen. Ist das der Fall, ordnet die Führerscheinstelle ein ärztliches Gutachten an, das etwas umfangreicher ist, als die normale ärztliche Untersuchung. Neben den bereits genannten Untersuchungen finden in der Regel labormedizinische Untersuchungen statt. Dazu gehören
Mit diesen Tests möchte der Arzt untersuchen, inwieweit die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt ist. Mithilfe dieser Analysen lässt sich Drogenkonsum über einen längeren Zeitraum nachweisen. So ist beispielsweise die Einnahme von Cannabis – je nach Häufigkeit und Menge – mehrere Wochen im Urin nachweisbar. Besteht der Verdacht auf regelmäßigen Konsum, ordnen die Behörden weitere Untersuchungen an. Erst wenn innerhalb von drei Monaten zwei unauffällige Untersuchungen vorliegen, ist eine Neuerteilung der Fahrerlaubnis möglich.
Anfechtung des medizinischen Gutachtens
Nicht immer fällt das medizinische Gutachten wie gewünscht aus. Manchmal bestehen Zweifel an Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens. Ist das der Fall, sollte der Betroffene zunächst einen Anwalt aufsuchen. Dieser kann einschätzen, inwieweit eine Anfechtung des erstellten Gutachtens sinnvoll ist und zu den weiteren Schritten beraten.
Was kostet ein ärztliches Gutachten?
Was ein ärztliches Gutachten kosten kann, ist sehr unterschiedlich und lässt sich pauschal nicht sagen. Die Kosten können mehrere Hundert Euro betragen, die vom Betroffenen selbst zu tragen sind. Das hängt vor allem vom angeordneten Untersuchungsumfang und der Begutachtungsstelle ab. Damit es hier am Ende keine böse Überraschung gibt, ist es sinnvoll, die Kostenfrage vorab zu klären. Die Mitarbeiter der Begutachtungsstelle sind normalerweise persönlich, per Telefon, per E-Mail und auch postalisch sehr gut erreichbar und geben dazu gerne Auskunft.
Fazit
Jede Beeinträchtigung stellt nicht nur eine Gefahr für den Betroffenen dar, sondern auch für die anderen Verkehrsteilnehmer. Deshalb ordnen die Behörden bei berechtigten Zweifeln an der Fahreignung eine ärztliche Untersuchung an. Das ist keine Schikane seitens der Behörden, sondern dient der Sicherheit im Straßenverkehr.
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