MPU für Menschen mit Behinderung

Menschen, die in irgendeiner Weise eingeschränkt sind, haben Bedürfnisse wie jeder andere. Dazu gehört beispielsweise das Bedürfnis nach Mobilität, das Bedürfnis, ohne auf jemanden angewiesen zu sein zum Arzt zu gehen oder zum Einkaufen. Das Angewiesen sein ist auf Dauer eine erhebliche Einschränkung des eigenständigen Lebens. Für körperlich behinderte Menschen gibt es heute viele technische Erfindungen, die dazu beitragen, dass Menschen trotz Behinderung ein Auto fahren können. Dazu ist es in den meisten Fällen nur notwendig, das Fahrzeug entsprechend der persönlichen Bedürfnisseumzubauen.

Anders sieht es aus, wenn die Einschränkung nicht körperlicher Art ist, sondern eine geistige Behinderung oder eine neurologische Erkrankung vorliegt. Ist es Menschen mit geistiger Behinderung überhaupt möglich, den Führerschein zu erwerben?

Das steht in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

In der Fahrerlaubnis-Verordnung ist genau festgelegt, wer den Führerschein unter welchen Umständen machen darf. Dort gibt es auch genaue Regelungen zum Führerscheinerwerb, wenn geistige Störungen vorliegen. Wer nur eine leichte geistige Behinderung hat, darf den Führerschein normalerweise für alle Führerscheinklassen erwerben, außer wenn eine Persönlichkeitsstörung vorliegt. Je nach Schweregrad der geistigen Behinderung kann es Einschränkungen und Auflagen geben, in besonders schweren Fällen kann die Behörde den Führerschein auch verweigern.

In schweren Fällen sieht die Fahrerlaubnis-Verordnung eine umfangreiche Untersuchung vor, die auf körperliche und geistige Einschränkungen abzielt. Kommt diese Untersuchung zu einer positiven Beurteilung, darf ein schwerbehinderter Fahranfänger in die Fahrschule gehen und den Führerschein machen.

Liegt eine Persönlichkeitsstörung vor und kann dies der Psychologe bei der Untersuchung nachweisen, schließen die Experten in der Regel eine sichere Fahrweise aus. Das führt letzten Endes dazu, dass die geistige Behinderung den Erwerb des Führerscheins unmöglich macht.

Wann Menschen mit geistiger Behinderung den Führerschein machen dürfen

In vielen Fällen ist eine geistige Behinderung kein Grund auf den Führerschein zu verzichten. Doch bevor die Behörden die Genehmigung für die Fahrerlaubnis erteilen, verlangen sie ein Gutachten. Denn es ist sehr schwer möglich, eine pauschale Aussage zu treffen, inwieweit eine geistige Behinderung die Fahrtüchtigkeit und die Fahrsicherheit einschränkt. Hier müssen Ärzte und Psychologen für jeden eine Einzelfallentscheidung treffen.

Dazu ordnet die Behörde eine medizinisch-psychologische Untersuchung – kurz die MPU – an. Dabei unterziehen sich die Betroffenen verschiedenen Reaktions- und Wahrnehmungstest sowie einer körperlichen Untersuchung. In der Regel testen die Gutachter dabei die Konzentrationsfähigkeit ganz besonders, da diese im Straßenverkehr sehr wichtig ist.

Die Fahrerlaubnis-Verordnung besagt auch, dass für den Erwerb des Führerscheins ein Mindestalter vorgeschrieben ist und bestimmte körperliche Voraussetzungen gegeben sein müssen. So können beispielsweise Menschen mit einer Sehbehinderung unter bestimmten Umständen ebenfalls den Führerschein nicht bekommen. Auch Einschränkungen sind möglich, wie beispielsweise die Verpflichtung beim Autofahren immer eine Brille zu tragen oder in regelmäßigen Abständen ein neues Gutachten zur Sehfähigkeit erstellen zu lassen. Dies wird dann im Führerschein entsprechend vermerkt.

Wenn die geistige Behinderung erst später auftritt

Manche Erkrankungen oder Unfälle können ebenfalls eine geistige Behinderung nach sich ziehen, wie beispielsweise ein Schlaganfall. Wird ein Führerscheininhaber plötzlich mit dieser Problematik konfrontiert, so ist er verpflichtet, dies bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde anzuzeigen.

Je nach Art und Ausmaß der Behinderung kann die Behörde auch in diesen Fällen eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnen. Damit soll gewährleistet werden, dass auch weiterhin eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr möglich ist. Die Untersuchung kann zu Einschränkungen oder Auflagen und im Extremfall zum Verlust der Fahrerlaubnis führen.

Die medizinische Untersuchung

Bei behinderten Menschen untersuchen Ärzte in erster Linie die Seh- und Bewegungsfähigkeit. Dabei soll sichergestellt werden, dass der Behinderte trotz seiner Einschränkungen dazu in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Das kann beispielsweise auch unter der Auflage entsprechender Umbauten des Fahrzeugs erfolgen.

Die medizinische Untersuchung kann im Einzelfall sehr individuell sein. Meist führt sie der zuständige Facharzt, wie beispielsweise ein Orthopäde, durch. Hat der Arzt aus medizinischer Sicht keine Bedenken, was die Verkehrssicherheit anbelangt, wird er dies entsprechend bescheinigen.

Verschiedene Punkte der medizinischen Untersuchung besonders wichtig

In vielen Fällen genügt eine normale ärztliche Untersuchung, die der Hausarzt durchführen kann. Manchmal ist jedoch auch eine fachärztliche Untersuchung notwendig. Auch die medizinischen Berichte des behandelnden Arztes werden zur Bewertung herangezogen. Für den Gutachter ist es auch wichtig zu wissen, welche Medikamente der Betroffene einnehmen muss. Manche Wirkstoffe, beispielsweise in starken Schmerzmitteln, beeinträchtigen die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit.

Außerdem sind wichtig:

  • der körperliche Allgemeinzustand,
  • Funktionen der verschiedenen Sinne, sofern sie von der Behinderung betroffen sind,
  • neurologische Befunde.

Je nach Behinderung können diese Untersuchungsergebnisse schon ausreichend sein. In anderen Fällen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an und darüber hinaus eventuell auch eine Fahrprobe.

Die psychologische Untersuchung für den Führerschein mit Behinderung

Ordnet die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU an, finden in diesem Rahmen die medizinische Untersuchung und auch eine psychologische Beurteilung statt. Bei der psychologischen Untersuchung geht es vor allem um die kognitive Leistungsfähigkeit. Der Gutachter testet die richtige Wahrnehmung, die Orientierungsfähigkeit, die Aufmerksamkeit, die erforderliche Konzentrationsfähigkeit, die Belastbarkeit und die Ausprägung der Reaktionsfähigkeit.

Bei der MPU durchgefallen

Wer bei der MPU nicht beim ersten Mal besteht, sollte sich darüber wirklich keine grauen Haare wachsen lassen. Nach einer gewissen Zeit ist in den meisten Fällen eine Wiederholung der Prüfung möglich, um doch noch die positive Bescheinigung für den Erwerb des Führerscheins zu erhalten. Werden beispielsweise starke Medikamente abgesetzt oder verändern sich andere Faktoren, die zum negativen MPU-Bescheid geführt haben, ist es möglich, die Untersuchung zu wiederholen.

Die Fahrprobe

Bei einigen Behinderungen verlangen die Behörden neben der medizinischen und psychologischen Begutachtung auch eine Fahrprobe. Allerdings kann nicht jede Fahrschule diese Fahrprobe durchführen. Der Betroffene muss sie bei einem Sachverständigen leisten, der amtlich anerkannt ist. Der Ablauf der Fahrprobe kann je nach Behinderung unterschiedlich sein. Der Gutachter will dabei feststellen, ob der Betroffene überhaupt in der Lage ist, mit seiner Behinderung ein Fahrzeug zu führen oder ob eventuell Fahrzeugumrüstungen oder andere technische Hilfsmittel erforderlich sind.

Die Fahrprobe ist eine Ergänzung zur MPU, um den Führerschein als Behinderter erwerben zu können. Sie stellt eine wichtige Voraussetzung dar für die Bescheinigung zur Verkehrssicherheit.

Der Umbau des Fahrzeugs

Je nach Behinderung können es die Behörden zur Auflage machen, das Fahrzeug zu modifizieren. So kann beispielsweise das Gaspedal so umgebaut werden, dass es mit einem Hebel am Lenkrad zu bedienen ist. Auch andere Vorrichtungen können das Fahren mit Behinderung erst möglich machen.

Die Umrüstmaßnahmen sollte der Betroffene zunächst mit der Fahrschule besprechen. Dazu ist am besten eine Fahrschule geeignet, die sich auf die Ausbildung behinderter Menschen versteht. Dort gibt es viele hilfreiche Tipps und auch Adressen für Werkstätten oder Umrüster. Auch der Fahrzeughändler oder unter Umständen der Hersteller können für die entsprechende Ausstattung des Autos der richtige Ansprechpartner sein.

Die behindertengerechte Umrüstung eines bereits vorhandenen Fahrzeugs ist nicht ganz billig. Eine Finanzierung beispielsweise über einen Autokredit ist eine Möglichkeit, die Umbauten zu bezahlen. In manchen Fällen gibt es auch staatliche Zuschüsse oder vergünstigte Darlehen.

Grundsätzlich gibt es eine Erstattung der Kosten nur, wenn es keine andere zumutbare Möglichkeit gibt, beispielsweise den Kunden, Arbeitsplatz, Ausbildungsbetrieb, zu erreichen. Der jeweils zuständige Kostenträger trifft hier Einzelfallentscheidungen. Als Kostenträger kommt die Agentur für Arbeit, die Rentenversicherung, das Sozialamt, die Berufsgenossenschaft oder die gesetzliche Unfallversicherung infrage.

Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung ist die Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation – KfzHV.

Rechtzeitig vorbereiten

Die Untersuchungen bei der MPU sind sehr umfangreich. Um hier nicht schon früh in Panik zu verfallen, ist es sinnvoll, die Untersuchung entsprechend vorzubereiten und vor allem, frühzeitig mit der Vorbereitung zu beginnen.

Zur Vorbereitung gibt es beispielsweise erste, kostenlose Informationsabende bei den durchführenden Stellen oder bei anerkannten Beratungsstellen. Es kann hilfreich sein, die Informationsveranstaltungen verschiedener Anbieter zu besuchen. Auch ein Gespräch mit einem Psychologen kann als Vorbereitung helfen.

Das Fahrtraining für Menschen mit geistiger Behinderung

Der Führerschein mit geistiger Behinderung ist nicht unmöglich. Ist erst einmal die Hürde der medizinisch-psychologischen Untersuchung genommen, geht es daran, eine passende Fahrschule zu finden. Nicht alle Fahrschulen können Menschen mit einer geistigen Behinderung ausbilden. Bei Reha-Zentren, den Fahrlehrerverbänden der Bundesländer oder auch bei der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände gibt es entsprechende Adressen von Fahrschulen in Wohnortnähe, die diese Ausbildung durchführen können.

In den meisten geeigneten Fahrschulen finden besondere Vorbereitungskurse für die theoretische Führerscheinprüfung statt. Diese Kurse werden von den Fahrschulen angeboten, weil sich viele Menschen mit geistiger Behinderung, insbesondere wenn eine Lernbehinderung vorliegt, nur schwer die Verkehrsschilder und -regeln einprägen können. Dort ist das Lerntempo wesentlich langsamer und auf die Bedürfnisse der eingeschränkten Fahrschüler abgestimmt. So erhalten die Betroffenen bessere Chancen auf den Erwerb des Führerscheins.